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Aktuelle Rahmenbedingungen für den Schiffsverkehr

Donau mit Buhnen und Güterschiff

Für die Schifffahrt ist die Beschaffenheit der Fahrrinne, die zur Verfügung stehende Fahrrinnentiefe in einer ausreichenden Breite, eine entscheidende Größe. Von der Fahrrinnentiefe hängen die Ladungsmengen der Schiffe und damit, besonders bei Massengütern, die Wirtschaftlichkeit eines Transports ab. Die Main-Donau-Wasserstraße bis Jochenstein, an der deutsch-österreichischen Grenze, wird nach Fertigstellung des laufenden Mainausbaus im Jahr 2016 für eine ganzjährige Abladetiefe  von mindestens 2,50 Metern ausgelegt sein – ausgenommen ist nur der rund 70 Kilometer lange Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen. Hier ist bei Niedrigwasser lediglich eine Abladetiefe von 1,60 Meter möglich. Abladetiefen von 2,50 Meter, wie in den ausgebauten Streckenbereichen, können nur an etwa 144 Tagen pro Jahr erzielt werden – das entspricht rund 40 Prozent der Kalendertage. In Jahren mit niedrigen Abflüssen, wie in 1997, 1998 und 2003, kann die Schifffahrt zeitweise sogar komplett zum Erliegen kommen.

Neben den zu geringen Fahrrinnentiefen beeinträchtigen auch kurzfristige Schwankungen der Wasserstände die Zuverlässigkeit der Wasserstraße. Das macht eine Kalkulation von Schiffsladungen schwierig. Die Schiffer müssen entweder bei der Beladung ein relativ großes Sicherheitsmaß berücksichtigen und weniger Ladung aufnehmen oder das Risiko in Kauf nehmen, an der Donau gegebenenfalls einen Teil der Ladung abladen (leichtern) zu müssen. Beides bedeutet zusätzliche Kosten und damit eine erhebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt.

Ungünstig für die Schifffahrt sind auch die schmale Fahrrinne, die engen Kurven sowie die ungünstigen Strömungsverhältnisse auf der Strecke zwischen Straubing und Vilshofen. Die Schifffahrt hat sich den nautisch schwierigen Gegebenheiten bereits mit der Art der Zusammenstellung von Schiff und Leichtern (spezielle Schiffsart ohne eigenen Antrieb auf diesem Donauabschnitt angepasst. Zum Beispiel koppeln die vom Main und Main-Donau-Kanal kommenden Schubverbände - meist bestehend aus einem Großmotorgüterschiff mit einem Schubleichter vorweg - um, so dass der Schubleichter seitlich am Großmotorgüterschiff befestigt wird. In dieser Formation, genannt Koppelverband können die Schiffe in der Talfahrt die Strecke mit ihren engen Kurven und zum Teil ungünstigen Strömungsverhältnissen besser passieren.

Während die durchschnittliche Fahrrinnenbreite an der Donau 100 Meter und mehr beträgt, stehen zwischen Straubing und Vilshofen im Mittel lediglich 70 Meter zur Verfügung. An der Isarmündung stehen aufgrund des Isarschüttkegels (große Kiesablagerungen), der für die Schifffahrt wegen seiner wasserspiegelstützenden Wirkung wichtig ist, sogar nur 40 Meter zur Verfügung. Daher fahren die Schiffe, die in der Talfahrt  Abmessungen bis zu 120 Meter Länge und 22,90 Meter Breite und in der Bergfahrt bis zu 190 Meter Länge und bis zu 11,45 Meter Breite haben, hier gewöhnlich im Einbahnverkehr. Entgegenkommende Schiffe verständigen sich über Funk, das zu Berg fahrende Schiff muss an einem Warteplatz stoppen und die zu Tal fahrenden Fahrzeuge passieren lassen. Dadurch verlängern sich die Fahrtzeiten der Schiffe.

Nirgendwo auf der gesamten Rhein-Main-Donau-Verbindung herrschen derart ungünstige nautische Bedingungen. Das hat Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der gesamten Wasserstraße. Dies wird auch an der Anzahl der Havarien auf diesem Donauabschnitt deutlich: Durchschnittlich 39 Unfälle pro Jahr ereignen sich auf der Donau zwischen Straubing – und Vilshofen, so die aktuelle Auswertung der Unfallzahlen der Jahre 1998 bis 2010. Dieser Streckenabschnitt ist damit der unfallträchtigste im gesamten deutschen Wasserstraßennetz.In den letzten zehn Jahren ereigneten sich zwischen Straubing und Vilshofen durchschnittlich 46 Unfälle pro Jahr – also fast ein Unfall pro Woche. Der Streckenabschnitt zwischen Isarmündung und Winzer ist der unfallträchtigste im gesamten deutschen Wasserstraßennetz.

Auch die Unterhaltung der Wasserstraße gestaltet sich sehr aufwändig. Das flussmorphologische Gleichgewicht der Donau – das heißt die Eigenschaften des Flusses wie Uferstruktur, Beschaffenheit des Flussbettes, Fließdynamik und Geschiebetransport – ist seit der Mittelwasserkorrektion im 19. Jahrhundert gestört. Seit dem Bau von Staustufen in der Donau und der Isar wurde der Geschiebeeintrag aus dem Oberlauf der Donau und den Nebenflüssen in die Strecke Straubing – Vilshofen reduziert. Dies führt zu ständigen Umlagerungsprozessen in der Donausohle, die im Wesentlichen aus Sand und Kies besteht. Untersuchungen und Modellrechnungen zeigen, dass ohne Gegenmaßnahmen eine erhebliche Eintiefung der Flusssohle (Flussbett) durch Erosionsvorgänge zu erwarten ist. Langzeitsimulationen prognostizieren in einem Zeitraum von 100 Jahren maximale Erosionen von bis zu 2 Metern. Als Folge dieser Umlagerungsprozesse würden die Wasserstände und damit auch die Grundwasserstände sinken, was wiederum nachteilige Auswirkungen auf Landwirtschaft, flussnahe Bauwerke und Siedlungen sowie auf die Vegetation der vorhandenen Flussauen hätte. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sind umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung der Flusssohle unumgänglich - auch ohne den Donauausbau.

Um die jetzigen Schifffahrtsverhältnisse zu erhalten und eine sichere Wasserstraße zu garantieren, wird die Fahrrinne im Bereich Straubing-Vilshofen derzeit durch ständige bereichsweise Baggermaßnahmen von Untiefen befreit; Engstellen werden durch Verkehrszeichen markiert. Das Baggergut, circa 68.000 Kubikmeter pro Jahr, wird dem Fluss an tieferen Stellen wieder zugegeben, um die Eintiefung der Flusssohle nicht weiter zu verschärfen.

Die Rhein-Main-Donau-Verbindung weist derzeit noch weitere Engpässe an der österreichischen, ungarischen und rumänischen Donau auf. Diese Engstellen bieten jedoch bereits im jetzigen Zustand deutlich günstigere Schifffahrtsverhältnisse als der Abschnitt Straubing-Vilshofen. So sind beispielsweise die Abflüsse der Donau im Abschnitt Wien-Bratislava in der österreichisch – slowakischen Grenzstrecke circa dreimal größer als in der Strecke zwischen Straubing und Vilshofen. Zum objektiven Vergleich der Schifffahrtsverhältnisse hat die Donaukommission als kennzeichnenden Wert die Anzahl der Überschreitungstage, an denen eine Abladetiefe von 2,50 Meter möglich ist, eingeführt. Dieser liegt im Abschnitt Wien-Bratislava an der österreichisch – slowakischen Grenzstrecke bei 260 Tagen im Jahr, in der Strecke zwischen Straubing und Vilshofen lediglich bei 144 Tagen im Jahr.